"Nicht die beste Entscheidung": Franz Wagner patzt in der entscheidenden Szene gegen die Cleveland Cavaliers

Von Stefan Petri
Show Player

Franz Wagner hat mit den Orlando Magic Spiel 5 der Playoff-Serie mit 103:104 gegen die Cleveland Cavaliers verloren, das Team aus Florida steht nun mit dem Rücken zur Wand. In der entscheidenden Szene der Partie traf der deutsche Weltmeister "nicht die beste Entscheidung" und machte sich anschließend Vorwürfe. Zu Recht?

So nah liegen in den Playoffs Freud und Leid beieinander. Drei Tage zuvor erst hatte Wagner eines der besten Spiele seiner Karriere gemacht, sich in die Geschichtsbücher eingetragen und - vor allem - seine Orlando Magic zu einem klaren 112:89 gegen die Cleveland Cavaliers geführt. Nach zwei Blowouts in Florida stand die Serie bei 2-2, das Momentum schien zu den Magic gekippt.

Am frühen Mittwochmorgen deutscher Zeit hatte sich dieses Momentum jedoch in Luft aufgelöst. Zwar war Orlando im dritten Auswärtsspiel der Serie so nah dran am Sieg wie noch nie, den erhofften Erfolg gab es jedoch nicht. Und Wagner war diesmal nicht Matchwinner, sondern ...? "Sündenbock" ist wohl zu hart. Aber der 22-Jährige war es, der im entscheidenden Moment nicht hatte abliefern können.

Beim Stand von 102:100 für die Cavs hatte Wagner zunächst Donovan Mitchell (28 Punkte) im Eins-gegen-eins solide verteidigt und ihm den Jumper aus der Mitteldistanz schwer gemacht. Der fiel dann auch nicht, mit noch 16 verbleibenden Sekunden bot sich den Magic die Chance auf den Ausgleich oder sogar mehr. Der bis dahin überragende Paolo Banchero (39 Punkte) bekam den Ball, leitete ihn aber noch in der eigenen Hälfte an Franz weiter: Der sollte den nächsten Spielzug aufziehen.

Was er auch tat: Pick-and-Roll der beiden an der Dreierlinie, so bekam Wagner Gegenspieler Max Strus hinter sich und zog gegen Big Man Evan Mobley zum Korb. Dank seiner Geschwindigkeitsvorteile hatte er eigentlich den Weg zum Ring - aber Mobley war wieder da, als Wagner von links kommend mit Rechts per Korbleger abschließen wollte. Ein sensationeller Block des Verteidigers, der fast von hinten kam, den Ball mit der linken Hand aber noch vom Brett wischen konnte. Ballbesitz Cleveland, zwei Freiwürfe später war das Spiel entschieden. Und Wagner marschierte mit hängendem Kopf in Richtung Bank.

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Franz Wagners Layup-Versuch: Die falsche Entscheidung?

Ein ganz bitterer Moment für den Weltmeister, der etwas später wie ein Häufchen Elend zur Pressekonferenz erschien. Statt Überschwang war nun Einsilbigkeit angesagt. "Ich habe einen freien Weg zum Korb bekommen. Danach war es nicht gerade die beste Entscheidung", analysierte er das entscheidende Play. Und schob ein Lob für seinen Gegenspieler hinterher: "Er hat es sehr gut gemacht."

Kann man Wagner in dieser Szene überhaupt etwas vorwerfen? Der Spielzug war solide und führte zu einem - vermeintlich - freien Abschluss am Ring, mit Jarrett Allen fehlte Cleveland der zweite Shotblocker im Kader verletzt. In dieser Hinsicht also ganz sicher nicht. Der Fehler in dieser Szene: Statt seinen Körper zwischen sich und Mobley zu bringen, mit links abzuschließen und sich so auch die Chance auf Freiwürfe offenzuhalten, nutzte er die rechte Hand und hielt Mobley damit im Spielzug.

Kritik von Head Coach Jamahl Mosley gab es nicht: "Er hat es super gemacht und ist bis an den Ring gekommen, Mobleys Block war fantastisch. Aber er hatte eine gute Möglichkeit." Warum der letzte Spielzug nicht für Banchero angesagt worden war? "Manchmal muss man ihn auch als Screener benutzen, weil sie ihn nicht aus den Augen lassen werden. So bekommen seine Mitspieler Platz - und das ist auch diesmal passiert."

Tatsächlich hatten die Magic den gleichen Spielzug schon eine Possession zuvor zum Score genutzt. Auch da war Strus nach dem Pick-and-Roll bei Banchero geblieben und hatte Wagner ins Eins-gegen-eins mit Mobley geschickt. In dieser Szene wählte der Deutsche den Spin Move und schloss einen Layup mit rechts ab. Über die ausgestreckte Hand Mobleys, der diesmal gerade genug von Wagners Körper blockiert war.

Eine halbe Minute später traf der die falsche Entscheidung. Eine letzte Möglichkeit wäre der Pass zurück zu Banchero gewesen, den Strus diesmal alleingelassen hatte. Aber der war auch nicht gerade einfach, und die Chancen auf den Korbleger zum Ausgleich schienen gut. Banchero war zum Ende des Spiels nach eigener Aussage zudem "ein bisschen müde" geworden.

Franz Wagner: Playoff-Statistiken gegen die Cleveland Cavaliers

SpielPunkteField GoalsDreierFreiwürfeReboundsAssistsTurnover
Game 1187/152/62/4730
Game 2185/172/46/7726
Game 3166/121/53/3580
Game 43413/172/36/71340
Game 5143/111/67/8562
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Franz Wagner: "Wir haben immer noch eine Chance"

Es war auch abgesehen von der letzten Szene nicht der beste Auftritt des jüngeren Wagner-Bruders. So schlecht hatte er aus dem Feld bisher in der Serie noch nie getroffen (3/11, 1/6 FG), immerhin retteten die acht Freiwürfe seine Bilanz noch auf 14 Punkte. Es hätte aber nicht viel mehr gebraucht, um die Partie gewinnen zu können, dementsprechend groß war der Frust. "Wir waren defensiv nicht ganz so solide wie in den beiden Spielen zuvor", erklärte Wagner. "Einfach wird es nicht, das wissen wir. Aber wir haben immer noch eine Chance. Jetzt müssen wir es erst einmal daheim richten."

Im Kia Center in Orlando weist die Bilanz bisher zwei klare Siege auf, in der Regular Season gewannen die Magic 29 von 41 Heimspielen. Die Chancen stehen also nicht schlecht, zu einem Spiel 7 noch einmal nach Cleveland zurückkehren zu können.

Andererseits haben die Cavaliers in der Franchise-Geschichte noch keine einzige Serie nach einem 2-0-Vorsprung verloren. Allen könnte wieder ins Lineup zurückkehren, das würde die Vorzeichen noch einmal verändern. Ersatzmann Isaac Okoro tat sich aus dem Feld schwer (2/10 FG, 8 Punkte), an den Brettern hielt Cleveland aber auch ohne den Center dagegen (39:43 Rebounds, aber 8:7 Offensiv-Boards).

Mosleys Job wird es derweil sein, seine beiden besten Spieler endlich im gleichen Spiel ins Rollen zu bekommen: Banchero waren in Spiel 4 nur 14 Punkte gelungen. Diesmal glänzte er, aber Nebenmann Franz schwächelte. Im gleichen Spiel haben sie in dieser Serie noch nicht 20 Punkte erzielen können.

Cavaliers vs. Magic: Die Serie im Überblick

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
120. April (Sa)19 UhrCleveland CavaliersOrlando Magic97:83
223. April (Di)1 UhrCleveland CavaliersOrlando Magic96:86
326. April (Fr)1 UhrOrlando MagicCleveland Cavaliers121:83
427. April (Sa)19 UhrOrlando MagicCleveland Cavaliers112:89
51. Mai (Mi)2 UhrCleveland CavaliersOrlando Magic104:103
64. Mai (Sa)tbaOrlando MagicCleveland Cavaliers
7*6.Mai (Mo)tbaCleveland CavaliersOrlando Magic