FC Bayern München: Philipp Lahm als Funktionär beim FC Bayern - da war doch mal was

Von Niklas Staiger
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Philipp Lahm wäre ein logischer Kandidat, sollte der FC Bayern München demnächst einen Nachfolger für seinen Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn benötigen. Lahm und ein Funktionärsposten beim FCB - da war doch mal was.

In der Saison 2016/2017 war die fußballergewordene Multifunktionsmaschine Philipp Lahm noch unumstrittener Stammspieler des FC Bayern München und Kapitän des schon damaligen Serienmeisters, sein Vertrag lief noch bis Sommer 2018. Als er im Februar 2017 nach seinem 501. Spiel für den FC Bayern München sein Karriereende zum Saisonende verkündete, schockte er Fans und Funktionäre gleichermaßen.

Denn Lahm wollte nicht mehr nur nicht mehr Profifußballer sein, quasi im selben Atemzug sagte er, dass er auch den ihm vom damaligen Präsidenten Uli Hoeneß und dem damaligen Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge angedienten Posten als Sportdirektor nicht annehmen werde. Der Posten war damals vakant, seit Matthias Sammer im Frühjahr 2016 aus gesundheitlichen Gründen als Sportvorstand zurückgetreten war.

SPOX zeichnet nach, woran Philipp Lahms Anstellung als Sportdirektor damals scheiterte

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FC Bayern: Lahm galt als Favorit Rummenigges

Tatsächlich war der Außenverteidiger einer der Topkandidaten auf die Sammer-Nachfolge. Das bestätigten im Nachgang alle Parteien: "Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß haben mich für die Nachfolge von Matthias Sammer überhaupt erst ins Gespräch gebracht. Das war ein Vertrauensbeweis", erklärte beispielsweise Lahm selbst seine Dankbarkeit.

Dabei soll Philipp Lahm der favorisierte Kandidat von Karl-Heinz Rummenigge gewesen sein. Der damalige Vorstandsvorsitzende soll intern für Lahm geworben haben. Ein gemeinsamer Favorit von Rummenigge und Uli Hoeneß war Max Eberl, der heute für Leipzig tätig ist. Dieser wollte Borussia Mönchengladbach damals jedoch nicht verlassen.

Bekanntermaßen ist am Ende Hasan Salihamidzic mit dem Posten des Sportdirektors betraut worden. Salihamidzic gilt als Hoeneß-Schützling. Keine zwei Wochen nach Lahms Verkündung des Karriereendes und der Info, dass er nicht für das Amt des Sportdirektoren zur Verfügung steht, wurde Salihamidzic zunächst als Klubrepräsentant im Verein etabliert, übernahm ab Sommer als Sportdirektor und ist 2020 sogar zum Sportvorstand aufgestiegen. Damit bekam er am Ende die Rolle, die Lahm ursprünglich verwehrt worden war. Doch dazu später mehr.

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Lahm: "Nicht der richtige Zeitpunkt"

Ein von Philipp Lahm mehrfach hervorgebrachtes Argument war der Wechsel kurz nach seiner Karriere ins Management. Er habe "beschlossen, dass es nicht der richtige Zeitpunkt ist, nach der Saison einzusteigen", erklärte er bereits 2017.

2021 präzisierte er seine zeitlichen Bedenken rund um sein Karriereende. Lahm habe noch bis zum Saisonende als Spieler mit all seinen Mitstreitern zusammengespielt. Plötzlich vom einen Tag auf den anderen der Vorgesetzte dieser Spieler zu sein, habe sich nicht richtig angefühlt. "Das ist nicht so einfach, diesen Fakt frei von früheren Emotionen außen vor zu lassen", erklärte er weiter.

Das ist mittlerweile anders. Nicht nur sind sechs Jahre vergangen, auch der Kader sieht ganz anders aus. Nur die wenigsten Spieler standen noch mit Philipp Lahm gemeinsam auf dem Platz. Neben Ersatzkeeper Sven Ulreich, der zwischenzeitlich den Verein verlassen hatte, und Kingsley Coman spielte lediglich das Kapitäns-Trio aus Manuel Neuer, Thomas Müller und Joshua Kimmich schon vor 2017 für die Münchner.

Der Zeitpunkt wäre dennoch wieder unglücklich: Lahm ist nicht nur seit Ende 2022 sportlicher Berater bei seinem zweiten Ex-Klub, dem VfB Stuttgart, er ist vor allem im Hauptjob Chef des Organisationskomitees für die Heim-EM 2024 und als solcher beim DFB angestellt. Sollte der FC Bayern Kahn tatsächlich abberufen und Lahm als Nachfolger wollen, müsste er aus seinem Vertrag herausgekauft werden. Doch Lahm ließ über BILD wissen, dass er ohnehin nicht interesssiert sei.

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FC Bayern und Lahm: Unstimmigkeiten um seinen Berater

Doch der Zeitpunkt war nicht der einzige Grund. Matthias Sammer war 2012 als Sportvorstand eingestiegen und hatte dieses Amt über vier Jahre ausgeübt. Der FC Bayern suchte aber damals nur einen Sportdirektor ohne Vorstandsamt. Das passte Lahm dem Vernehmen nicht - er wollte damals wohl bei entscheidenden Diskussionen auf Augenhöhe mit den anderen beteiligten diskutieren können.

Doch ein Vorstandsposten für einen Berufseinsteiger kam nicht in Frage. Uli Hoeneß sagte der Funke Mediengruppe: "Bei uns im Aufsichtsrat sitzen Dax-Vorstände. Für die kommt nicht infrage, dass jemand ohne Berufserfahrung im Vorstand anfängt." Auch Sammers Vorgänger Christian Nerlinger sei nur Sportdirektor gewesen. Die Ausnahme für Sammer habe mit dessen Berufserfahrung beim DFB zu tun gehabt. Dort war Sammer zuvor sechs Jahre lang als Sportdirektor tätig gewesen.

Auch von Seiten Lahms wurde mehrfach klar, dass man sich über die Rolle nicht einig war. Denn Lahm erklärte bereits 2017 gegenüber dem Stern, dass man "nur Dinge rund um die Mannschaft beeinflussen" könne, "wenn man die Verantwortung hat." Das hatte offenbar auch mit seinem Gegenüber zu tun.

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Die Beziehung mit Uli Hoeneß

Denn im selben Atemzug kritisierte er auch einen der beiden Entscheidungsträger. "Ich glaube, dass Uli Hoeneß noch zu tatkräftig ist, um loszulassen", stichelte Lahm gegen den erst kurz zuvor wieder zum Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden aufgestiegenen Hoeneß. Er sei noch zu jung, wolle alles selbst beeinflussen.

Das sei zwar "sein gutes Recht", weil er vieles für den Verein geleistet hat. Doch offenbar stellte sich Philipp Lahm so eine gemeinsame Zusammenarbeit nicht vor. "Ich glaube, dass es in jedem Unternehmen oder Verein eine Hirarchie gegen muss. Jeder sollte seine Rolle in einem solchen Gefüge kennen und verstehen", erzählte der Weltmeister gegenüber der Deutschen Welle.

Hoeneß ließ das Ganze nicht auf sich sitzen und schoss zurück. Es gefalle ihm nicht, dass es so dargestellt würde, dass jeder vor ihm und Rummenigge "Angst haben muss", kritisierte er gegenüber der Welt. Viel eher könnte man von ihnen perfekt lernen. "Bessere Lehrmeister gibt es kaum", adelte er sich selbst.

Ein weiteres Problem soll der Einfluss von Lahms langjährigen Beraters und Geschäftspartners Roman Grill gewesen sei. Grill hatte, ehe er sich exklusiv um die Karriereplanung von Philipp Lahm kümmerte, in der Pressestelle des FC Bayern München gearbeitet - und war nicht im Besten auseinandergegangen mit dem Rekordmeister. Vor allem Hoeneß, hieß es damals, soll keine große Lust gehabt haben, quasi als Lahms Schatten auch Grill in den wichtigsten Sitzungen des Klubs dabei zu haben.

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Lahm: Nicht der erste Konflikt mit Hoeneß

Die Gespräche rund um den Posten als Sportdirektor waren dabei nicht das erste Mal, dass Hoeneß und Lahm aneinander gerieten. Bereits 2009 gab es einen Konflikt, nachdem Lahm in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung die Kaderpolitik kritisiert hatte. Damals musste er nicht nur eine Geldstrafe zahlen, er wurde auch zu Hoeneß ins Büro einbestellt.

"Da waren auch Karl Hopfner und Karl-Heinz Rummenigge. Ich war angespannt, saß auf dem Sofa. Es war ein komisches Gefühl, so alleine gegen drei", erinnerte er sich gegenüber Bild zurück, "die Lautstärke war ein bisschen höher, enorm laut."

Doch böses Blut habe es damals nicht gegeben. Er habe seine Sicht der Dinge vertreten und es wurde sich ausgesprochen. "Man ist gut rausgekommen", erklärte Lahm. Überhaupt gilt Lahm als Freund der offenen Streitkultur von Hoeneß. So lobte er zuvor bereits, dass es zwar hitzig werde, aber "man konnte sich danach immer wieder zusammensetzen und darüber sprechen".

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Lahm und der FC Bayern: Zukunft offen

Philipp Lahm hinterließ also keine verbrannte Erde - weder beim FC Bayern selbst, noch bei Uli Hoeneß. Der heutige Ehrenpräsident hat auch jetzt noch einen enormen Einfluss beim FCB. Es ist nicht zu erwarten, dass er einem Engagement des ehemaligen Außenverteidigers im Weg stehen würde.

Bereits 2017 hatte Hoeneß gegenüber Funke erklärt: "Für Philipp Lahm bleibt die Tür bei uns offen. Ich kann mir vorstellen, dass er eines Tages beim FC Bayern arbeitet." Und auch Lahm bekräftigte erst vor zwei Jahren im Rahmen seines Bild-Interviews, dass er sich ein "Amt beim Bayern" vorstellen könne - "schauen wir mal."

Philipp Lahm: Seine größten Erfolge

TitelJahr
Weltmeister2014
Deutschlands Fußballer des Jahres2017
Deutscher Meister2006, 2008, 2010, 1013, 2014, 2015, 2016, 2017
Champions-League-Sieger2013
UEFA-Supercup-Sieger2014
Deutscher Superpokalsieger2011, 2013, 2017
Deutscher Pokalsieger2006, 2008, 2010, 2013, 2014, 2016
FIFA-Klub-Weltmeister2014
Deutscher Ligapokalsieger2008