FC Bayern München - Kommentar zur Zukunft von Jerome Boateng: Eine Verlängerung wäre die beste Lösung

Von Kerry Hau
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Rund um die Säbener Straße kursieren Gerüchte, wonach der FC Bayern Jerome Boateng in diesem Sommer bei einem passenden Angebot verkaufen würde. Dabei sollte der Rekordmeister nicht nur versuchen, den Ex-Nationalspieler zu halten, er sollte ihm sogar die Möglichkeit auf ein weiteres Vertragsjahr bieten. Ein Kommentar.

Für Marco Neppe dürfte es ein vergleichsweise ruhiger Sommer sein. Der Chefscout des FC Bayern reiste in den vergangenen Jahren quer durch die Welt, um bei verschiedenen Jugendturnieren verschiedene Talente zu sichten, von denen man sich erzählte, dass sie einmal bei einem Topklub landen könnten. So leitete Neppe den Transfer von Alphonso Davies in die Wege und scoutete auch Tanguy Nianzou früh bei PSG.

Die von Sportvorstand Hasan Salihamidzic angeführte Mission, jetzt den FCB der Zukunft zu bauen, läuft auf Hochtouren. Das ist richtig und in Zeiten von Corona auch wichtig, weil "fertige" Spieler nun einmal deutlich teurer zu bekommen und zu unterhalten sind als welche, die sich noch am Anfang ihrer Entwicklung befinden.

Gleichwohl gilt es für die sportliche Leitung um Federführer Salihamidzic, auch erfahrene Leistungsträger zu halten, die dem Druck in München gewachsen sind und zu jeder Zeit helfen können. Ein solcher ist Jerome Boateng, der seit der Ernennung von Hansi Flick zum Cheftrainer im vergangenen November eine persönliche Renaissance erlebt. Boateng spielte in der rechten Innenverteidigerposition neben David Alaba eine tadellose Rückrunde. Indirekt auch mit ein Grund, wieso Neuzugang Lucas Hernandez nur noch sporadisch zum Zuge kam.

Jerome Boateng: Seine Leistungsdaten 2019/20

Einsätze34 (2597 Minuten, 68 % Startelfquote)
Zu-Null-Einsätze8
Torbeteiligungen2
Zweikampfquote56,9 %
Tacklingquote69,7 %
Passquote89,2 %
Fehler, die zu Gegentoren führten0

Boateng: Bayern sollte sich mit einer Verlängerung befassen

Der 31-Jährige gewann rund 57 Prozent seiner Zweikämpfe und brachte etwas mehr als 89 Prozent seiner Pässe an seine Mitspieler. Es waren aber mehr die körperliche Präsenz und die starke Kommunikation mit seinen Mitspielern als die nackten Zahlen, die Boateng auf dem Weg zum Double zu einem Schlüsselspieler reifen ließen.

Eine derartige Entwicklung hätten ihm vor einem Jahr nur die wenigsten zugetraut, als er nicht mehr wie ein Teil der Mannschaft wirkte und Uli Hoeneß ihm in aller Öffentlichkeit zu einem Wechsel riet. Umso erstaunlicher nun, dass diverse Medien wie Sport Bild vermelden, die Bayern würden auf ein Angebot für Boateng warten, um ihn ein Jahr vor seinem Vertragsende noch gegen eine Ablösesumme ziehen zu lassen.

Unabhängig von dem Wahrheitsgehalt dieser Spekulationen sollten die Bayern-Verantwortlichen einen Abgang Boatengs nicht nur verhindern, sie sollten sich mit dem Spieler über eine Verlängerung oder zumindest mit einer Option auf eine Verlängerung seines bis 2021 datierten Arbeitspapiers unterhalten.

Boateng ist in dieser Form ein Segen für Flick und Bayern

Boateng in dieser Form ist ein Segen für die Elf von Flick. Er mag nicht mehr der Schnellste sein, an seine Spieleröffnung und sein Stellungsspiel kommen aber nur wenige im Bayern-Kader heran. Ganz zu schweigen von der internationalen Erfahrung, die der Weltmeister von 2014 mitbringt - und als eine Art Mentor an jüngere Spieler weitergeben kann.

Mit Niklas Süle mag sein designierter Erbe zurückgekehrt sein, doch es bleibt abzuwarten, wie sich der 24-Jährige nach seiner zweiten schweren Kreuzbandverletzung präsentiert. Hernandez ist als Linksfuß keine Ideallösung auf der Position des rechten Innenverteidigers, während Benjamin Pavard mangels Alternativen als Rechtsverteidiger eingeplant ist. Und der 18-jährige Nianzou, das sah man schon bei PSG, kann auch auf der Sechs spielen, wo ob der unklaren Zukunft von Thiago, Javi Martínez und Corentin Tolisso ab Oktober ohnehin größerer Bedarf herrschen könnte.

Beispiel Ramos: 31 ist kein Alter für einen Innenverteidiger

Wenig spricht gegen Boateng. Nicht sein Auftreten auf dem Platz. Auch nicht sein Auftreten daneben, das deutlich ruhiger und souveräner wirkt als noch zu Zeiten, in denen sich Karl-Heinz Rummenigge gezwungen sah, ihn "back to earth" zu holen. Und schon gar nicht sein Alter. Viele Innenverteidiger können noch bis Mitte 30 auf hohem Niveau spielen, wenn sie professionell arbeiten.

Das bewiesen vor ein paar Jahren schon Größen wie Carles Puyol (FC Barcelona), Rio Ferdinand (Manchester United) oder John Terry (FC Chelsea), und das beweist aktuell auch Sergio Ramos, der mit 34 wichtiger denn je für Real Madrid ist. Da der fast drei Jahre jüngere Boateng alles andere als den Anschein erweckt, als würde er auf der faulen Haut liegen, wären die Bayern gut beraten, den sportlichen Aspekt über den finanziellen zu stellen und den 2011 von Manchester City verpflichteten Abwehrmann trotz dessen nicht gerade geringen Jahresgehalts von zirka zwölf Millionen Euro zu behalten.

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Boateng-Förderer Flick hofft auf Verbleib - höchstens das Gehalt spricht dagegen

Allein auch deshalb, weil Flick sich für dieses Szenario stark macht und der Spieler selbst bereit ist, den Konkurrenzkampf anzunehmen. Gegebenenfalls sogar über 2021 hinaus, wie aus dem Boateng-Lager zu hören ist. Eine Verlängerung bis 2022 oder zumindest eine Option darauf wäre nebenbei auch sinnvoll für den Verein, sollte er mit Boateng dann im kommenden Sommer womöglich doch noch eine Ablöse erzielen wollen. Diese dürfte heuer wegen der Corona-Krise ohnehin nicht sonderlich hoch ausfallen.

"Wir holen Spieler für Bayern München. Und niemals, um daraus Geschäfte zu machen Ein Spieler muss bei uns das Gefühl haben: Ich bin Bayern forever", sagte Ehrenpräsident Hoeneß erst vor wenigen Tagen in einem Interview mit der FAZ, um den Unterschied zwischen Bayern und den Rivalen aus Dortmund zu veranschaulichen. Würden seine Mitstreiter Boateng nun des Geldes wegen ziehen lassen, wäre das alles andere als Bayern-like. Sportlich betrachtet wäre eine Fortsetzung dieser Zusammenarbeit die beste Lösung.